Der biblische Tempel Salomos beflügelt schon seit Jahrhunderten die menschliche Phantasie. Diese Webseite bietet eine virtuelle Rekonstruktion des Tempelmodells, das im frühen 18. Jahrhundert in Halle an der Saale gebaut wurde. Solcherlei Nachbauten sollten zum besseren Verständnis der Bibel führen, wo der Tempel und die Geschehnisse, die sich darin ereigneten, detailliert beschrieben wurden. Architekturmodelle wie dieses riefen damals großes Interesse hervor und wurden dem Publikum als Sensation präsentiert.
Dieses aufwendige Tempelmodell mit den Abmessungen von etwa 2 mal 3 Metern wurde 1717 im Waisenhaus ausgestellt, einem Komplex von Bildungsanstalten, die der pietistischen Vordenker und Theologe August Hermann Francke (1663-1727) gegründet hatte, die Franckeschen Stiftungen.
Das Modell war durch den Schulmeister Christoph Semler (1699-1740) gemacht, der bekannt ist als Vater des „Realienunterrichts“ (praktischen Lernens mit Hilfe von Objekten). Semler und Francke arbeiteten zusammen an dem Nachbau, der historisch genauer war als bestehende Modelle. Um das zu erreichen, stützten sie sich auf die vertrauenswürdigsten Interpretationen der biblischen Beschreibungen und auf verschiedene jüdische Quellen. Dadurch dass sie die Bibelgeschichten in ihren räumlichen Zusammenhang setzten und in drei Dimensionen an den Betrachter zeigten, erhofften sie sich die Aufhellung vieler unklarer Bibelpassagen. Auf diese Weise sollten die Betrachter eine so deutliche und lebendige Idee der Ereignisse erhalten, die sich dort abgespielt hatten, als ob sie persönlich anwesend gewesen wären. Durch das Anschauen des Modells sollte man in einer Stunde mehr lernen als durch stundenlanges Studium der Werke der besten Autoren.
Geschichte des Tempels
Die Bibel beschreibt wie der Bau des Tempels unter König David initiiert wurde, nachdem Gott ihm selbst dazu den Plan offenbart hatte. Er sollte das Tabernakel ersetzen, das transportable Zeltheiligtum, die Stiftshütte, die von den Israeliten während ihrer Wanderschaft in der Wüste genutzt wurde. David selbst war unwürdig den Bau zu realisieren, da Blut an seinen Händen klebte. Darum bereitete er alles vor, so dass die Pläne umgesetzt werden konnten als sein Sohn Salomon den Thron bestieg.
Es soll sieben Jahre lang gedauert haben, um alle vorproduzierten Bestandteile zusammen zu fügen, wonach der Tempel mit einer großen Weihezeremonie in Dienst genommen wurde. Demnach dauerte es allerdings nicht lang bis die vielen fremdländischen Frauen Salomons Altäre für andere Gottheiten im Tempel errichteten und so den Zorn Gottes heraufbeschworen. Der erste Tempel bestand von etwa 950 bis 586 v. Chr. Damals wurde er durch den chaldäischen König Nebukadnezar zerstört, der das Volk Israel in die babylonische Gefangenschaft führte. Nach ihrer Gefangenschaft richteten die Israeliten etwa 515 v. Chr. unter Serubbabel den Tempel wieder auf, womit die Zeit des zweiten Tempels begann. Im Jahr 17 v. Chr. begann König Herodes der Große eine große Neugestaltung des Tempels, die im Gange war zu Jesus Lebzeiten. Im Jahr 70 n. Chr. verwüsteten die Römer unter Titus schließlich Jerusalem und seinen Tempel als Vergeltung für den jüdischen Krieg. Seit dieser Zeit geben nur wenige archäologische Reste (wie die Klagemauer) Zeugnis vom biblischen Tempel. Im siebten Jahrhundert wurde an der Stelle auf dem Tempelberg, wo vermutlich das Heiligtum stand, der islamistische Felsendom gebaut.
Das Tempelmodell aus dem 18. Jahrhundert aus Halle ist ebenfalls verschwunden. Eine detaillierte Anleitung mit Illustrationen gibt jedoch ein deutliches Bild von dem Modell und wie es interpretiert werden musste: den Pietisten zufolge verwies nämlich alles im Tempel auf Christus. Damals zeigten Führer das Modell als Lehrmaterial ans Publikum aus Schulkindern und neugierigen Besuchern. Diese Webseite bietet die Möglichkeit, das Modell bequem von zu Hause zu entdecken.
Sie hören Georg Friedrich Händels Sinfonia “Arrival of the Queen of Sheba“ aus dem dritten Akt des Oratoriums Solomon (HWV 67). Ausgeführt durch die Academy of Ancient Music unter Leitung von Bojan Cicic (erste Geige) und Christopher Bucknall (Cembalo).